Parität zum US-Dollar: Wie geht es mit dem Euro weiter?


In den letzten Monaten wurde in den deutschen Medien viel über die hohen Rohstoffpreise, insbesondere den hohen Ölpreis geschrieben. Dies führte sogar soweit, dass die Bundesregierung den sog. Tank-Rabatt einführte, um die Benzinpreise zu dämpfen. Es wird der Eindruck vermittelt, als würde das Öl einen historischen Höchstpreis nach dem nächsten erklimmen. Doch der Ölpreis auf dem Weltmarkt ist in der langfristigen Betrachtung gar nicht inflationär, sondern sogar deflationär. Bereits im Juli 2008 hatte der Brent-Oil-Preis sein bisheriges All-Time-High von 144 $ pro Barrel erreicht. Vierzehn Jahre später liegt er aktuell bei knapp über 100 $. Es gibt nur wenige Güter in der Volkswirtschaft, die aktuell mehr als 25 % billiger sind als noch vor 14 Jahren. Warum sind also die Benzin- und Heizölpreise in der Eurozone so hoch? Ein entscheidender Faktor für die hohen Preise für Benzin und Heizöl (wie auch für viele weitere Güter) liegt in der Schwäche des Euros gegenüber dem US-Dollar. In den letzten Tagen ist der Wechselkurs auf die Parität abgestürzt, d.h. ein Euro kostet nur noch einen US-Dollar. Dies markierte ein neues 20-Jahres-Tief. Beim Höhepunkt des Ölpreises im Juli 2008 lag der Kurs noch bei 1,60 US-Dollar für einen Euro. In den letzten Tagen wurde in diesem Zusammenhang in einigen Medien immer wieder statt von einer Euro-Schwäche von einer Dollar-Stärke gesprochen. Dies entspricht jedoch nicht den Fakten: Der Euro ist in den letzten 15 bis 20 Jahren sowohl gegenüber dem Schweizer Franken als auch gegenüber dem Gold (Preis bei Euro-Einführung 2002 ca. 350 €) massiv gefallen.

Die Ursache für die Euro-Abwertung liegt in der EZB-Politik der letzten 10 Jahre und der Schuldenpolitik der südlichen Euro-Staaten. Im Sommer 2012 gab es den entscheidenden Wendepunkt bei der EZB: Mario Draghis berühmte drei Worte „Whatever it takes“ stellten klar, dass die EZB im Notfall alle Schulden der Euro-Staaten wie Italien, Spanien und Portugal aufkaufen würde. Diese Prämisse war letztlich ein Freifahrtschein für eine maßlose Schuldenpolitik vieler Regierungen in der Eurozone. Bestes Beispiel ist Italien: Obwohl die jährliche Zinslast durch die Hilfe EZB nach 2012 deutlich gesunken ist, wurden immer mehr Schulden gemacht. Wenn die neuen Schulden gezielte Investitionen gewesen wären, hätte wenigstens die Wirtschaft davon profitiert und die Schuldenquote des Landes wäre nicht weiter gestiegen. Doch leider ist dies nicht der Fall: Seit 2012 sind die Schulden im Verhältnis zum BIP von ca. 120 % auf mittlerweile über 150 % angestiegen. Vor dem Hintergrund, dass Italien aus dem EU-Wiederaufbaufonds in den letzten 12 Monaten in mehreren Tranchen bereits sehr viele Milliarden an Subventionen erhalten hat, ist dies ein desaströses Ergebnis. Doch nicht nur Italien hat in den letzten 10 Jahren seine Schuldenquote in die Höhe getrieben, sondern auch die Schwergewichte Frankreich (Schuldenquote von 90 % auf 113 %) und Spanien (von 87 % auf 118 %) haben die Schulden-Subventionierung der EZB ausgenutzt, um ihrem Wahlvolk ein paar Geschenke zu bereiten.

Nun steckt die EZB in der Zwickmühle: Im aktuellen Inflationsumfeld müsste die EZB die Leitzinsen ähnlich stark erhöhen wie viele andere Notenbanken in der Welt, um die Währung zu stützen und die Inflation einzudämmen. Aufgrund des Renditeanstiegs der hochverschuldeten Staaten scheuen sie sich jedoch, diesen Schritt zu gehen. Stattdessen betont die EZB, dass sie Ländern wie Italien helfen will, den Renditeanstieg zu verhindern. Wenn also die Anleiherenditen Italiens weiter steigen sollten, dann wird die EZB italienische Anleihen kaufen, um dies zu verhindern. Ein ganz klares Zeichen an die Märkte: Niedrige Refinanzierungszinsen für die südlichen Euro-Staaten sind der EZB wichtiger als ihr eigentliches Mandat, die Preisstabilität der Eurozone bzw. die Erhaltung der Kaufkraft des Euros. Die Konsequenz ist eine Kapitalflucht der Investoren. Der schwache Wirtschaftsausblick in der Eurozone aufgrund der aktuellen Energie-Krise raubt selbst den letzten Euro-Investoren die Hoffnung.

Der Ausblick ist daher klar: Wenn die EZB die Märkte in der nächsten Sitzung am 21. Juli nicht mit einer deutlichen Leitzinsanhebung (mindestens 0,5 %) überrascht oder zumindest andeutet, in den folgenden Sitzungen die Leitzinsen massiv zu erhöhen, dann kann sich der Euro-Kurs nicht erholen und würde vielleicht unter die Parität zum US-Dollar fallen. Die Importe würden damit noch teurer werden und die Inflation in der Eurozone würde weiterhin auf einem sehr hohen Niveau bleiben. Der hohe Kaufkraftverlust der Bürger in der Eurozone würde die Konsumlaune der Bürger noch weiter drücken. Es droht der Wirtschaft in Deutschland die vollkommene Abhängigkeit von den Exporten in die USA und nach China.

Beitrag weiterempfehlen

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar


Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Hinweise zu unseren Datenschutzbestimmungen

CAPTCHA code